28.10.2020 | - Offener Brief an die designierte SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey -
Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Initiativen und Verkehrsverbänden hat sich mit einem offenen Brief an Franziska Giffey gewandt, um ihre Aussagen mit einer einseitigen Schwerpunktsetzung auf den Ausbau von möglichen Neubaustrecken für die U-Bahn zu hinterfragen.
Hier der Wortlaut des Briefes:
„Sehr geehrte Frau Dr. Giffey,
wir schreiben Ihnen als Kandidatin für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2021. Mit Interesse und auch Skepsis haben wir ihren Einsatz für den Ausbau der Berliner U-Bahn verfolgt.
Als gemeinschaftlicher Verbund von Organisationen wie den NaturFreunden Berlin, BF Bahnen, BUND Berlin, dem Berliner Fahrgastverband IGEB, Grünzüge für Berlin sowie von individuell Engagierten in der „AG Straßenbahn“ der NaturFreunde Berlin setzen wir uns für einen Ausbau des Straßenbahn-Netzes in alle Stadtteile Berlins ein, insbesondere auch in den Westen der Stadt, aus dem die Straßenbahn in den 1950er- und 60er Jahren zugunsten der autogerechten Stadt vollständig verbannt wurde.
Die Straßenbahn ist stets barrierefrei und holt den öffentlichen Nahverkehr sichtbar zurück in die Mitte der Straße. Um zu ihr zu gelangen, müssen keine Treppen überwunden werden. Sie kann um ein Vielfaches schneller, kostensparender und auch klimafreundlicher errichtet werden als die U-Bahn und erreicht zugleich über kürzere Stationsabstände eine größere Dichte in der ÖPNV-Versorgung.
Mit Rasentrassen bringt sie auch Grün in die Straßen unserer Stadt. Sie transportiert viel mehr Menschen zugleich als die chronisch überfüllten Busse – und sogar Fahrräder. Auf eigener Trasse ist sie zudem ungleich schneller. Auch die Rückkehr der Güterstraßenbahn wäre eine Option, die unsere Stadt von LKWs entlastet – bislang hat Berlin überhaupt noch kein Güterverkehrskonzept.
Wir würden gerne von ihnen wissen, wie Sie zum vorrangigen und schnellen Ausbau der Straßenbahn in Berlin stehen und welche Pläne und Konzepte Sie für Streckenerweiterungen in Berlin in der kommenden Legislaturperiode haben, nachdem die wenigen (Kilo-)Meter Netzerweiterung, die in der aktuellen Legislaturperiode überhaupt in Angriff genommen wurden, weit hinter den Zielen der Koalitionsvereinbarung zurückblieben.
Konkret würde uns hier auch interessieren, wie Sie zu den Vorschlägen stehen, die in der Broschüre „Zielnetz 2050“des Bündnisses „Pro Straßenbahn“ (http://prostrassenbahn-berlin.de/wp-content/uploads/2017/07/B%C3%BCndnis...) veröffentlicht wurden., Diesem Bündnis gehört neben diversen anderen Akteuren auch die AG Mobilität der Berliner SPD an.
Ein systematischer Wiederaufbau des Berliner Straßenbahnnetzes würde unter anderem folgende Maßnahmen erfordern:
Verankerung des Straßenbahn-Zielnetzes 2050 mit Bindungswirkung im neuen StEP Mobilität und Verkehr und im Berliner Bauplanungsrecht (Trassenfreihaltung im FNP, Berücksichtigung in Bebauungsplänen)
Erneuerung und Ausbau von Brücken stets straßenbahntauglich
Straßenbahnbetriebshofvorsorge
Erhöhung des jährlichen Investitionsvolumens
„Task Force Straßenbahn“: Ausbau der Personalkapazitäten innerhalb der Senatsverwaltung für Verkehr
Start der Versorgung von Spandau über ein Inselnetz mit einer Anbindung an den Bahnhof Zoologischer Garten.
Welche Zielvorstellungen haben Sie in dieser Hinsicht für Berlin?
Wir freuen uns auf ihre Rückmeldung und auf einen spannenden Austausch zur weiteren Verbesserung des oberirdischen Schienen-ÖPNV in Berlin. Gerne stehen wir auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Hiksch gez. Gunter Strüven
NaturFreunde Deutschlands, Landesverband Berlin e.V.
Gez. Christfried Tschepe Jens Wieseke
Berliner Fahrgastverband IGEB
Gez. Tilo Schütz Martin Schlegel
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Landesverband Berlin e.V.
gez. Oswald Richter
Bundesverband Führungskräfte Deutscher Bahnen e.V. – Berlin-Brandenburg
gez. Antje Henning Norbert Rheinlaender
für das Berliner Netzwerk für Grünzüge
gez. Yannick Kiesel
für die AG Straßenbahn der NaturFreunde Berlin e.V.
Kontakt:
Uwe Hiksch, NaturFreunde Berlin, hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902
Antje Henning, Berliner Netzwerk für Grünzüge, Tel.: 0152 -22421733