30.04.2018 | Der Bundesverband der NaturFreunde leitet seit letzten Jahr die zentrale Fachstelle für Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz. Bei einer bundesweiten Ausschreibung haben sich die NaturFreunde in einem Wettbewerb durchgesetzt. Vier neue Mitarbeiter*innen werden sich in Zukunft intensiv mit dem Themenfeld des rechten Umweltschutzes beschäftigen und für einen integrativen und fortschrittlichen Umweltschutz werben.
Was steckt hinter dem Phänomen des rechten oder braunen Umweltschutzes?
Anders als viele häufig glauben, ist der Umweltschutz kein ursprünglich links-grünes Thema. Viele seine Wurzeln liegen im völkischen, rechten und konservativen Denken. Bereits vor dem Faschismus wurde in diesen Kreisen die Formel „Heimatschutz = Volksschutz“ vertreten, die mit einer „Blut-und-Boden-Ideologie“ aufgeladen wurde. Mit der These „ein gesundes Volk braucht eine gesunde Natur und zwar seine heimatliche Natur“ wurde Natur- und Heimatschutz im Faschismus bis ins Reichsnaturschutzgesetz festgeschrieben. Es vermengten sich nun biologistische und sozialdarwinistische Ideen. Der Mensch wurde sozialdarwinistische und naturalistisch aus dem Tierreich erklärt, der einfach ein hochentwickeltes Tier sei somit den (scheinbar) festen Gesetzen der Natur unterliege. Daraus folgerten diese Theoretiker, dass sich auch beim Menschen „starke Arten und Rassen durchsetzen, jede Art und Rasse an ihre/seine Natur perfekt angepasst sei und Heimatschutz auch verhindern müsse, dass Neophyten – eingewanderte Pflanzen heimische Arten verdrängen würden“ und deshalb bekämpft werden müssten. Diese Logik übertragen rechte und völkische Theoretiker bis heute auf menschliche Gesellschaften und argumentieren, dass Menschen zugeordnete Rangordnungen besitzen und am besten in ihrer Heimat bleiben, da sie schwache oder sich anders verhaltende Menschen und das Volk in seiner natürlichen Entwicklung schwächen würden. So werden Rassismus, Homophobie und Hierarchien in Gesellschaften scheinbar wissenschaftlich begründet und Moral, Verantwortung und ethischen Handeln als scheinbar widernatürlich dargestellt. Einzig bei den NaturFreunden und einigen Ökoanarchisten in der Weimarer Republik wurden diese sozialdarwinistischen Theorien zurückgewiesen und waren linke ökologische Traditionen zu finden.
Heute finden wir völkische Sieder*innen, die ein „artgerechtet“ Leben und Biohöfe bewirtschaften, rechte Umweltmagazine wie „Umwelt und Aktiv“ und Nazis auf Kohledemos, die gegen „Großkonzerne aus Übersee“ kämpfen. Auch der Tierschutz wird heraufbeschworen, natürlich nur wenn es passt, zum Beispiel, um so gegen die traditionelle jüdische und arabische Schlachtung zu hetzen.
Das Spektrum ist breit und umfasst Antiamerikanismus, Fremdenhass, den Kampf gegen Gleichberechtigung der Geschlechter. Heute werden völkische, konservative und reaktionäre Ideen in vielen Zusammenhängen vorgetragen. Die neue Fachstelle bei den NaturFreunden will Aufklärung leisten und Ansätze für einen menschen- und naturfreundlichen Umwelt- und Naturschutz aufzeigen.
Anke Kuß
aus: WanderfreundIn 01-2018