04.11.2020 | Die Covid-19-Pandemie hat Polen schwer getroffen - die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle erreicht Rekordwerte. Die medizinischen Dienste und das Gesundheitssystem sind überlastet, die Situation ist dramatisch. Vor diesem Hintergrund hat das Verfassungsgericht über die Klage gegen die Abtreibung entschieden.
Polen ist ein Beispiel dafür, wie konservative Politiker*innen in der Coronakrise demokratische Rechte einschränken. In dieser Krise ist es für feministische Bewegungen und anderen fortschrittlichen Kräften im Land schwierig, auf der Straße zu protestieren und sich dem Abtreibungsverbot zu widersetzen. Die Frauen, die am meisten von dieser Entscheidung betroffen sind, müssen wegen der Umstände zu Hause bleiben. Die kleinen Hintertüren, die Aktivistinnen und Initiativen in den letzen Jahren mit viel Einsatz offengehalten haben, werden durch diese Krise verschlossen.
Das Verbot und die Kriminalisierung von Abtreibungen sind nicht nur in Polen, sondern in der gesamten Europäischen Union ein großes öffentliches Problem. Mit diesem Verbot wird das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper absichtlich und unwissenschaftlich eingeschränkt. Das muss endlich beendet werden. Die reaktionären Kräfte, die sich im 21. Jahrhundert der Abtreibung widersetzen, hängt einem rückständigen Frauenbild aus der Vergangenheit und einer reaktionären Vorstellung von Gesellschaft an. Ein Europa der Zukunft muss anders aussehen.
In Berlin unterstützen die NaturFreunde das Bündnis sexuelle Selbstbestimmung. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert wird und ungewollt Schwangere und Ärzt*innen bestmöglich unterstützt werden. Mit dem Begriff des „Lebensschutzes“ wird eine Kontrolle der Frau und die Selbstbestimmung über ihr eigenes Leben und ihren Körper verwehrt. Die NaturFreunde solidarisieren sich mit den zehntausenden Pol*innen, die gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts protestieren.
Das Abtreibungsrecht in Polen ist eines der strengsten in Europa. Bereits in der Präambel der Satzung der NaturFreunde Berlin wird betont, dass sie zur Schaffung einer Gesellschaft, in der „niemand wegen seines Geschlechts oder sexueller Orientierung benachteiligt oder bevorzugt wird“ und „in der alle Menschen gleichberechtigt sind und sich frei entfalten können“. Durch die restriktiven Auslegungen des polnischen Verfassungsgerichtes wird Frauen in einem Staat der Europäischen Union ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung genommen. Die Organisation "Allpolnischer Frauenstreik" wehrt sich gegen diese konservativ-reaktionäre Politik. Die NaturFreunde solidarisieren sich mit den Forderungen und werden sich im Rahmen ihrer internationalen Arbeit für die Rechte der Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung einsetzen.
Margarita Mileva