18.04.2021 | Das Recht auf “angemessenen” Wohnraum ist wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsfürsorge (Artikel 28 der Landesverfassung von Berlin). Die Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte hat jedoch diesen Grundsatz ausgehebelt und zu einer immer mehr zunehmenden Schieflage auf dem Wohnungsmarkt beigetragen. Seit 2009 sind die Angebotsmieten in Berlin um 104 Prozent gestiegen. Für viele ist die Stadt unbezahlbar geworden. Ein Grund ist die ständig abnehmende Anzahl an Sozialwohnungen und öffentlichen Wohnungen. Durch das knappe Wohnungsangebot hat sich der Immobilienmarkt immer mehr zu einem Tummelfeld für Spekulierende und Anlagefonds entwickelt. Sie steigen seit Jahren mit großen Kapitalmengen in den Wohnungsmarkt ein, um hohe Profite zu schöpfen. Die Mietsteigerungen sind Ergebnis einer verfehlten Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte. Durch die Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte wurden allein in Berlin mehr als 300.000 ehemals öffentliche Wohnungen an private Fonds und Großinvestor*innen verkauft. Diese großen Aktienkonzerne und Fonds ziehen aus der Miete der Berliner*innen Profite für wenig Anteilsbesitzende.
Um diesem ungerechten System ein Ende zu setzten, gründete sich vor einigen Jahren die Volksinitiative „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“, die mit einem Volksbegehren die größten Berliner Immobilienkonzerne enteignen möchte. Das Grundgesetz der Bundesrepublik regelt in Artikel 15 ausdrücklich: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Diesen Verfassungsartikel will das gestartete Volksbegehren anwenden um damit das in der Berliner Verfassung verankerte „Recht auf angemessenen Wohnraum“ zu ermöglichen. Durch das Volksbegehren soll der Paragraf 15 des Grundgesetztes erstmals für eine großflächige sozialverträgliche Enteignung eingesetzt werden, damit der Besitz der Mietkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in gesellschaftliches Eigentum überführt wird.
In den Händen weniger Großkonzerne befinden sich derzeit mehr als 240.000 Wohnungen. Diese sollen nach dem erfolgreichen Volksbegehren von einer Anstalt öffentlichen Rechtes, wie es z.B. die Berliner Verkehrsbetriebe oder die Berliner Stadtreinigungsbetriebe sind, verwaltet werden.
Schaffung einer Anstalt öffentlichen Rechts
Anstalten öffentlichen Rechts (AöR) sind öffentlich-rechtliche Unternehmen, die mit einer öffentlichen Aufgabe, meist im Rahmen der Daseinsvorsorge betraut werden. Oberstes Ziel der Anstalt öffentlichen Rechts ist die Sicherung einer nachhaltigen Daseinsvorsorge. Damit wird eine organisatorische Grundlage gelegt, damit die Mietenden vor zu hohen Mieten und Verdrängung geschützt werden können. Eine Anstalt öffentlichen Rechts schafft die Grundlage, damit Wohnungsbau nicht mehr einzig als gewinnorientierte Investition im Rahmen der Marktinteressen betrieben wird, sondern als Grundlage um das Recht auf bezahlbares Wohnen für die Berliner*innen zu erreichen. Gleichzeitig bietet eine solche Anstalt öffentlichen Rechts die Möglichkeit, demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten auszubauen und Angestellte und den Berliner*innen Möglichkeiten zur Mitentscheidung bei der Bewirtschaftung der 240.000 Wohnungen zu geben.
Soziale und ökologische Wohnungspolitik ermöglichen
Das Ziel des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, den Wohnraum aus den Händen des Marktes in die öffentliche Daseinsvorsorge zu überführen, unterstützen die NaturFreunde Berlin ausdrücklich. Mit der Überführung der Wohnungen in öffentliches Eigentum kann eine soziale und ökologische Wohnungspolitik in Berlin umgesetzt werden. Die notwendigen energetischen Modernisierungen führen dann nicht mehr zu Verdrängung und steigenden Mieten, sondern können Mietkostenneutral umgesetzt werden. Damit ist eine großflächige soziale energetische Modernisierung des Wohnungsbestands als wichtiger Teil der Schaffung einer klimagerechten Stadt umsetzbar.
Deshalb engagieren sich viele NaturFreund*innen in ihren lokalen Kiezteams und laden alle Interessierte ein, dies auch zu tun. Alle wichtigen Informationen zum Mitmachen findet ihr auf www.dwenteignen.de/mitmachen oder meldet euch unter mitmachen@dwenteignen.de.
In der Landesgeschäftsstelle der NaturFreunde Berlin in der Paretzer Straße 7 (U- und S-Bahnhof Heidelberger Platz) können Unterschriftenlisten abgeholt, unterschriebene Listen abgegeben und direkt für das Volksbegehren unterschrieben werden.