02.01.2021 | Die Debatte, das Hansa-Viertel und die Karl-Marx-Allee bei der UNESCO als Weltkulturerbe anzumelden, wird seit vielen Jahren geführt. Dabei wird die Frage, ob herausragende Bauten der Nachkriegsmoderne unter Denkmalschutz gestellt werden sollen, bis heute kontrovers diskutiert.
Der Bürgerverein Hansaviertel e.V., der Corbusierhaus e.V. und die Hermann-Henselmann-Stiftung haben gemeinsam eine Initiative gestartet, die Karl-Marx-Allee und das Hansa-Viertel gemeinsam als herausragende Stätten der Architektur für die Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes vorzuschlagen. Im Februar 2013 wurde dann vom Berliner Senat ein Antrag bei der Kultusministerkonferenz gestellt. Diese führt die aus den Bundesländern kommenden Vorschläge zu einer einheitlichen deutschen Vorschlagsliste zusammen. Wenn die Kultusministerkonferenz entschieden hat, einen solchen Antrag einzureichen, führen Expert*innen der Beraterorganisationen ICOMOS International und IUCN eine Einschätzung durch, auf deren Grundlage das Welterbekomitee entscheidet. In der Antragstellung wurde betont, dass die beiden Ensemble in gegenseitiger Abhängigkeit aufgrund der Sondersituation Berlins als Stadt zwischen Ost und West entstanden sind. 2014 wurde der Vorschlag Berlins von der Kultusministerkonferenz abgelehnt.
Das Hansaviertel wurde von 36 international renommierten Architekt*innen gestaltet, die im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 ihre Vision vom Wohnen der Zukunft entwickelten. Sie lösten die traditionelle Straße auf und entwickelten Punkthochhäuser und Wohnscheiben in einem Gesamtensemble, das mit vielfältigen Grünanlagen gestaltet wurde. Die Karl-Marx-Allee wurde im Rahmen des sogenannten „Sozialistischen Klassizismus“ und gleichzeitig mit modernen und zukunftsweisenden Stilen und Formen gebaut. Die Turmbauten am Frankfurter Tor, die Gestaltung des Strausberger Platzes und das neungeschossige Hochhaus an der Weberwiese wurden vom Kollektiv Hermann Henselmann geplant und errichtet.
Seit der ersten Ablehnung wird weiterhin versucht, die beiden Gesamtensembles auf die Liste der UNESCO zu bekommen. Ein wichtiger Schritt ist die Herausgabe des Buches „Karl-Marx-Allee und Interbau 1957“ im Rahmen der „Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin“ im Jahr 2018. Hier zeigen die Autoren Jörg Haspel und Thomas Flierl die Entstehungsgeschichte die beiden Ensembles auf und bezeichnen sie als „Bau und Gegenbau“.
Die NaturFreunde unterstützen die Initiativen, die beiden Ensembles als Weltkulturerbe zu sichern und damit eine behutsame und denkmalpflegerische Entwicklung der Gebiete sicherzustellen. Seit vielen Jahren bieten die NaturFreunde in beiden Ensembles DenkMalTouren, Stadtexkursionen, Kiezspaziergänge und Fotoexkursionen an.
Uwe Hiksch
aus: WanderfreundIn 094-2020