28.12.2024 | Es waren gerade auch die NaturFreunde, die sich bereits im 19. Jahrhundert für eine Demokratisierung des Tourismus eingesetzt haben. Mit dem Lied „Aus grauer Städte Mauern, ziehn wir durch Wald und Feld“ brachten sie die Sehnsucht der Menschen, den tristen Wohnquartieren zu entfliehen in Liedform. Heute ist Tourismus für einen Teil der Gesellschaft zu einem Massenphänomen geworden. Im Jahr 2023 wurden mehr als 1,3 Milliarden Reiseankünfte weltweit gezählt. Laut UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) verursacht der Tourismus etwa 5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.
Die Tourismusindustrie hat sich zu einem der größten Wirtschaftszweige und zu einem der wichtigsten Arbeitgeber weltweit entwickelt. Heute sind etwa 100 Millionen Menschen direkt oder indirekt in Hotels, Reiseunternehmen oder in touristischen Dienstleistungsunternehmen beschäftigt. Auf der anderen Seite ist die Organisation des heutigen Tourismus für immer größere Naturzerstörungen, Klimawandel und einen hohen Verbrauch an Land und Wasser verantwortlich.
Proteste gegen Massentourismus nehmen zu
In Barcelona und Venedig gehen viele Menschen gegen den Massentourismus auf die Straße. Auf Mallorca haben bis zu 50.000 Menschen gegen diese Entwicklung demonstriert. Sie kritisieren, dass nur eine Minderheit von den Tourismusströmen profitiere. Die große Mehrheit müsse mit Niedriglöhnen in der Tourismusbranche arbeiten, was dazu führe, dass viele die immer teurer werdenden Wohnungen nicht mehr bezahlen können.
Tourismus in Berlin
Auch Berlin braucht ein Umdenken in der Tourismuspolitik. In Berlin zeigen sich in einigen Kiezen deutliche Anzeichen von „Overtourismus“. Die NaturFreunde Berlin kritisieren seit vielen Jahren, dass der Berliner Senat vor allem auf Wachstum, auch im Tourismusbereich, setzt. Die NaturFreunde setzen sich dafür ein, dass ein grundsätzliches Verbot der Umwandlung von Wohnungen in Tourismusangebote gesetzlich festgeschrieben wird. Sie fordern, dass in den innerstädtischen Bezirken keine neuen Großhotels mehr genehmigt werden.
NaturFreunde und Tourismus
Für die NaturFreunde stellt sich hier eine doppelte Aufgabe: Auf der einen Seite die negativen Folgen für die Zieldestinationen und die Umwelt möglichst zu minimieren und eine soziale und gesellschaftliche Mitgestaltung für die Menschen in diesen Regionen zu ermöglichen. Auf der anderen Seite, den Anspruch einer nicht elitären Tourismusentwicklung mit einem Recht auf Mobilität für alle gesellschaftlichen Schichten zu verbinden. Tourismuspolitik muss den Anspruch von Arbeitnehmer*innen, Rentner*innen und auch sozial Benachteiligten nach Erholung und Reisen als gesellschaftliches Recht begreifen, dass mit dem Schutz der Umwelt, einer Mobilitätswende und einem solidarischer Ausgleich in Einklang stehen muss.
Uwe Hiksch