03.02.2022 | Auf dem Gelände des NaturFreunde-Hauses Hermsdorf bietet sich Gelegenheit für vielfältige Begegnungen mit der heimischen Flora und Fauna. Denn der Standort grenzt direkt an das Naturschutzgebiet Tegeler Fließtal, das einen besonderen Schutzraum für Tiere und Pflanzen bezeichnet. Je nach Jahreszeit sind Füchse, Rehe und Kröten zu beobachten. Im Mai überschlägt sich ein Kuckuck fast mit seinen Rufen. Wieder andere Tiere zeigen sich nicht selbst, hinterlassen jedoch unübersehbare Spuren ihrer Aktivitäten. Dazu zählen etwa die schlauen Wildschweine, die jeder Umzäunung trotzen, und die kecken Waschbären, die nachts auf der Suche nach Nahrung Löcher in den Rasen reißen. Neben den Honigbienen der NaturFreunde-Bienen-Gruppe schweben deren wilde Schwestern ebenso wie diverse Schmetterlingsfalter und Libellen durch die Lüfte. Auch Mücken in großer Zahl und verschiedener Art fühlen sich in dem Feuchtgebiet zu Hause, Leibspeise für die reichlich vorkommenden Frösche, die an Frühlingsabenden ihre Konzerte geben.
Ein im Juli 2021 auf dem Grundstück erstmals gesichteter Neuankömmling hat sich als Vertreter der Europäischen Maulwurfsgrille entpuppt. Diese Insektenart gehört zur Gattung der Heuschrecken, genauer: der Langfühlerschrecken, und ist aus dem Mittelmeerraum eingewandert. Die Maulwurfsgrille ist ca. 6-7 cm lang, gilt als ungesellig und zeichnet sich wie ihr Namensgeber, der Maulwurf, durch eine „verborgene“ Lebensweise aus. Da sie in der Dunkelheit des Erdreichs siedelt, hat sie ihr Sehvermögen nahezu eingebüßt, und ihre vorderen Sprungbeine haben sich zu schaufelförmigen Grabwerkzeugen umgebildet. Damit gräbt das Insekt ausgedehnte unterirdische Gangsysteme. Als Nahrungsquelle dienen ihm bevorzugt Pflanzenwurzeln, weshalb es von Gärtner*innen oftmals als „Schädling“ angesehen wird.
Ein auffälliges Merkmal sämtlicher Heuschreckenarten ist ihr Gesang, der eine hohe Lautstärke entfalten kann und bei der Anlockung von Geschlechtspartnerinnen eine wichtige Rolle spielt. Es sind die Männchen, die singen und dafür mit einem schallerzeugenden Apparat ausgestattet sind. Die Weibchen wiederum verfügen über Gehörorgane, mit denen sie die ausgestoßenen Töne wahrnehmen können. Bei den Maulwurfsgrillen kommt als Besonderheit hinzu, dass sie darüber hinaus noch eigene „Verstärker“ bauen, indem sie ihre Höhlen so ausgestalten, dass ihre Rufe eine Reichweite von bis zu 2 km erreichen. Die Höhlen enden nämlich in einem Doppeltrichter. In einem Lexikonartikel ist zu lesen, dass die heutzutage in der Lautsprechertechnik verwendete Konstruktion nahezu wie die Kopie einer Maulwurfsgrillen-Höhle anmutet.
Wenn die Brautwerbung Erfolg gezeitigt hat, kommt die Maulwurfsgrille zur Paarung für wenige Wochen ans Tageslicht und zieht sich dann wieder ins Erdreich zurück. Dass auch das Dasein im Untergrund keine Gewähr fürs Überleben ist, lässt sich daran ablesen, dass diese Heuschreckenart mittlerweile in der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere aufgeführt ist.
Heidi Hilzinger
aus: WanderfreundIn 04-2022