06.06.2017 | Seit Jahren höre ich von Bekannten, dass sie klettern. Wahlweise im Urlaub in den Bergen oder in der Kletterhalle. Schon beim letzten Angebot dieses Kurses hinderten mich lediglich terminliche Gründe daran, an diesem „Schnupperkurs“ teilzunehmen. Im Unterschied zu vielen anderen Angeboten erschien es mir wichtig, dass die AnleiterInnen Erfahrung im Umgang mit blinden und sehbehinderten Teilnehmenden haben.
In diesem Jahr war die Veranstaltung eine Kooperation zwischen den NaturFreunden Berlin, des ABSV und der Bezirksgruppe Berlin-Brandenburg des DVBS.
Am 10.10. um 17 Uhr trafen sich 4 blinde und sehbehinderte SchnupperkursteilnehmerInnen und 3 UnterstützerInnen unter der fachlichen Anleitung von Johannes Egerer, Klettertrainer bei den NaturFreunden und Mitarbeiter des DBSV zum Klettern.
Die Kletterhalle ist 15 Meter hoch und verfügt über unterschiedlichste Kletterwände und –routen, diese sind unterschiedlich farblich gekennzeichnet und haben ganz verschiedene Schwierigkeitsgrade. Diese waren für uns als Schnupperkletterer erstmal nicht entscheidend, wir wollten nur „die Wand hoch“.
Als zusätzliche Unterstützung für unser Klettervorhaben nutzten wir Seile, die oben an der Kletterwand befestigt sind. Beide Enden reichen bis zum Boden und diese werden jeweils mit der kletternden Person und der sichernden Begleitung verbunden. Beim Weg nach oben hat die sichernde Person die Aufgabe, das Seil straff zu halten, sodass die Kletterwilligen sich entlasten können. Ich war sehr gespannt auf meine ersten Klettererfahrungen und erstaunt über die unterschiedlichsten Griffmöglichkeiten das ging von ganz kleinen viereckigen Plättchen, bei denen ich mich gefragt habe, wie da eine Hand oder ein Fuß Halt finden soll, bis hin zu komfortablen Eingriffmöglichkeiten für die Finger. So ging es senkrecht die Wand hoch. Ängstlich war ich nicht. Wenn wir beide Hände und Füße nutzen, um zu Klettern, bleiben immer 3 Extremitäten an der Wand, um sich festzuhalten. So lernt der Körper neue Bewegungsmuster kennen und die jeweiligen Muskeln erfolgreich einzusetzen. Manchmal gab es Hinweise von den sichernden Personen, um schneller einen geeigneten Halt zu finden. Auch beim Klettern ist eine Pause möglich. Auf das Zeichen „zu“ wird das Seil so gesichert, dass man sich hineinsetzen kann, ohne sich festhalten zu müssen. Die Hände von der Wand zu lösen, bedeutete für mich etwas Überwindung…
Vorher hatte ich eher Respekt vor dem Abstieg, der allerdings unbegründet war. Auf das Kommando „ab“ lässt die sichernde Person das Seil wieder locker und man kann gewissermaßen an der Wand „herunterlaufen“. So bekommt man ein Gefühl für die Höhe, die man vorher mühsam erklommen hat.
Eine Teilnehmerin mit mehr Klettererfahrung meinte, für sie sei es wichtig, einen Rhythmus fürs Klettern zu finden. Das kann ich fürs erste Mal noch nicht sagen. Für mich war zunächst der Weg das Ziel, jeder Schritt war ungewohnt. Das wäre dann mein Ziel für das nächste Mal.
Am meisten überrascht hat mich die Erkenntnis, dass man bei unserer gewählten Kletterform fürs Herunterklettern keine Kraft mehr braucht, sondern komfortabel am Seil „heruntergelassen“ wird.
Auf meine Frage, ob man fürs Klettern zu alt sein könne, bekam ich von Begleiterin Anne die Antwort “im Prinzip kann jeder klettern, der auf eine Leiter steigen kann.“ Außerdem fordert das Klettern die ganze Aufmerksamkeit, sodass aller Ärger und Stress des „Arbeits“-Tages schnell vergessen ist.
Vielen Dank für die interessante Erfahrung. Gern würde ich sie ein nächstes Mal vertiefen.
Jutta Rütter (Mitglied der Bezirksleitung Berlin-Brandenburg des DVBS)